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Montag, 25. November 2013

Mainz wie's singt und lacht

Sonntag, 17.30 Uhr. Die großen Flutlichtmasten des Bremer Weserstadions erhellen den vorweihnachtlichen Abend. In der Stadt treiben Menschen hektisch umher und bauen ihre Weihnachtsmarkt-Buden auf. In der Ostkurve lassen sie bereits die Hüften kreisen, davon singend, dass ihre Fahnen nur für grün und weiß wehen. Man merkt der Stadt an, dass sie ihre gemütliche Attitüde kurzzeitig abgelegt hat, um der Heiligen Nacht einen gebührenden Empfang zu bereiten. Auch dem Team ist anzumerken, dass Weihnachten vor der Tür steht: Für die weit angereisten Mainzer gab es schon einen Monat vor dem Fest der Liebe, am 24.11., ein paar Geschenke.

Mainz 05. Wie haben die in dieser Saison eigentlich so abgeschnitten? Genau das haben wir uns auf dem Weg ins Stadion auch gefragt. In der Tabelle standen die Mainzer auf Platz neun, hatten einen Punkt mehr als unser SVW. Aber so wirklich bemerkt hat man die Rheinland-Pfälzer bisher noch nicht. Grund genug, um positiv gestimmt das Wohnzimmer Weserstadion zu betreten.

Die positive Stimmung hielt exakt sieben Minuten an. Vom „hektischen Treiben“ in der Stadt ließen sich unsere Jungs nicht wirklich anstecken. Ganz im Gegenteil, einige schienen schon im Winterschlaf. Sebastian Mielitz zum Beispiel. Viel zu weit vorm Tor, ermöglichte er Nicolai Müller das 0:1. Fairerweise muss man sagen, dass der Mainzer das auch wirklich gut macht und den Ball direkt aus der Luft über den zurückeilenden Torwart hebt. Zwar sollte man bei einem Profifußballer davon ausgehen, dass er solche Geschenke dankend annimmt und die Pille – egal wie – im Tor unterbringt, aber auch die Einfachen musst du erst mal so schick machen. Viel von dem Tor habe ich im Stadion gar nicht gesehen, aber es war bereits zu erahnen, dass mit Miele bei dem Gegentreffer etwas nicht stimmte. Dennoch: Es wird weder der Passgeber am Abspiel gehindert, noch geht Lukimya mit letzter Entschlossenheit auf Müller. Ein Tor, welches definitiv schon in der Entstehung verhindert werden muss, letztendlich aber auf den Torwart zurückfällt. Denn: „Wenn er raus kommt, muss er ihn auch haben.“ 

Viel schlimmer, wirklich viel, viel schlimmer als das 0:1 war aber das 0:2. Ein ganz peinliches Ding. Pospechs Flanke segelt im hohen Bogen auf unser Tor zu, ist ewig und drei Tage in der Luft. Und da muss man wirklich sagen: Wenn du dir als Torwart nicht sicher bist, dann geh auf Nummer sicher. Hand hoch und zur Ecke klären. Aber an einem Tag wie diesem geht natürlich schief, was schief gehen kann. Die Pille knallt auf die Latte, keiner der Abwehrspieler fühlt sich dazu berufen mitzudenken und Okazaki markiert das 0:2. Vielen Dank. Was sich liest wie ein schlechter Scherz, ist ein absolut indiskutables Gegentor. Fehler Nummer eins: Pospech hat gut zehn Meter vor Werders Strafraum ewig viel Zeit zum Flanken. Fehler Nummer zwei: Mielitz lenkt den Ball nicht über das Tor. Fehler Nummer drei – und das ist in meinen Augen das aller herrlichste an diesem Gegentor: Wieder Lukimya und gerade Fritz, ein alter Hase und erfahrener Fußballer, stehen wie angewurzelt da und schauen sich an, wie Okazaki in aller Ruhe einnetzt. Ich weiß, Mielitz schießt da einen dicken Bock. Aber man kann an beiden Gegentoren nicht nur ihm die Schuld geben. Das wäre unfair und viel zu einfach. In den letzten Wochen hat Miele gute Leistungen gezeigt und bewiesen, dass er ein tauglicher Erstligatorwart ist. Jetzt macht er zwei Fehler und er sollte am besten gleich an einen bedürftigen Kreisligaverein abgegeben werden. Ganz im Sinne von Sankt Martin. Ist klar. Fußball ist ein Mannschaftssport. Man gewinnt zusammen, man verliert zusammen. Und Fehler, liebe Freunde, macht jeder. In diesem Fall haben sogar ziemlich viele Spieler gleichzeitig versagt. Viele Spieler! Nicht nur der, der den Ball nicht über das Gehäuse lenkt.

Nachdem man nun zwei Geschenke verteilt hat, wollte Werder auch ein bisschen am Spielgeschehen teilnehmen. Und das taten sie. Eine Reihe von guten Chancen wurde dabei leider ausgelassen. Luki köpft an den Pfosten, Seelke völlig frei aus sieben Metern vorbei. Da hätte es schon 2:2 stehen können. Zur Pause gab es keine weiteren Tore, was nicht nur an Werders schwacher Verwertung lag, sondern auch an Sebastian Mielitz. Der hat nämlich nach seinen Patzern noch kräftig um Komplimente gebuhlt, als er zwei Kopfbälle bärenstark pariert.
In der zweiten Hälfte ging es dann weiter wie in Halbzeit eins. Werder besser und mit den deutlicheren Chancen. Mainz versuchte, die 2:0 Führung zu verteidigen und konterte gelegentlich. Völlig überraschend fiel aus einem solchen Konter heraus auch das 0:3. Selassie lässt sich hinten über den Haufen rennen, in der Mitte kümmert sich niemand um Okazaki. Bumm. Spiel gelaufen, drei Tore Rückstand und noch zwanzig Minuten zu spielen. Da konnte einem schon übel werden. 

Wie einfach es hätte sein können, zeigte Werder dann kurz vor Schluss. Denn obwohl die Mannschaft mit drei Toren aussichtslos zurücklag, erkämpfte sie sich viele Bälle und machte weiter Dampf nach vorne. Di Santo bringt den Ball nach einem Schuss von Ekici mit Druck in die Mitte und Elia muss nur einschieben. 1:3. So schnörkellos und leicht kann Fußball sein. Und es wurde noch viel schöner. Fünf Minuten später bringt Elia den Ball hoch vors Tor und di Santo köpft ein. 2:3, was war hier noch drin!? Leider nichts mehr, denn die drei Minuten Nachspielzeit brachten keinen weiteren Treffer zum Vorschein. Dabei wäre das Unentschieden sicher verdient gewesen. Mainz war nicht besser als unsere Équipe, sondern glücklicher. Werder hatte mehr Ballbesitz, war in den Zweikämpfen stärker, hatte mehr Torchancen. Und verliert. Völlig unnötig.

Wie bitter die Niederlage war, wird man erst so richtig einordnen können, wenn die Spiele in Hoffenheim und Berlin abgepfiffen sind. Das werden zwei ganz wichtige und schwierige Auswärtsspiele. Dazwischen bzw. danach kommen Bayern und Leverkusen und werden sich aller Voraussicht nach die Punkte in den Weihnachtssack stecken. Darum heißt es: Zähne zeigen und in der Ferne keine Geschenke mehr verteilen.

Bis dahin. Nur der SVW.

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