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Freitag, 16. August 2013

„Nehmen Sie die Ausfahrt vor Ihnen!“

Ein müdes Lächeln. Mehr konnte man seinem Gesprächspartner nicht abgewinnen, wenn man behauptete, zum ersten Auswärtssieg der Saison zu reisen. Nach Braunschweig. Aufsteiger vor der Brust, Pokalaus noch im Nacken. Nach der katastrophalen Fahrt ins Saarland sollte es vergleichsweise entspannt im Auto nach Braunschweig gehen. Aber ohne Komplikationen ging es auch auf dieser Fahrt nicht. Weiterlesen!



Um 15 Uhr machten wir uns zu viert auf den Weg nach Braunschweig. Knappe zwei Stunden Fahrtzeit zeigte das Navi an und so sollten wir mehr als rechtzeitig beim Aufsteiger ankommen. Motiviert bis in die Haarspitzen ging auch alles gut. Bis, ja, bis wir die Ausfahrt nach Braunschweig nehmen sollten. Zwei dicke rote Klebestreifen zierten das Ausfahrts-Schild, einmal quer drüber gepappt. Aber es führen ja bekanntlich viele Wege nach Rom und unser Navi schlug vor, die nächste Ausfahrt zu nehmen. So dauerte es nicht lange, bis die Frauenstimme an der Windschutzscheibe uns befahl, die „Ausfahrt vor Ihnen“ zu nehmen. Einziges Problem: Die dicken roten Klebestreifen, die uns bereits vor ein paar Minuten die Zufahrt nach Braunschweig verwehrten, fanden sich auch an dieser Ausfahrt wieder. Super! Die Ankunftszeit laut Navi war mittlerweile auf 17:30 Uhr geklettert.


Nach der 600sten überklebten Ausfahrt schlug die Rückbank vor, die Umleitung in Richtung Berlin zu nehmen. Dieser Vorschlag bescherte uns neben einem tollkühnen Fahrmanöver – die Umleitung war nämlich gar nicht soooo toll ausgeschildert – auch die Fahrt durch viele kleine Dörfer, die dafür sorgten, dass unsere Ankunft mittlerweile auf 18 Uhr taxiert wurde. Aber siehe da: Zwei Liter Angstschweiß, ein paar Bewegungen auf der Uhr und ein herzhaftes Lachen später (Danke, Hertha!) waren wir in Braunschweig. Da für Parkplatz-Suche und Fußmarsch zum Stadion nochmal 20 Minuten drauf gingen, waren wir kurz vor Anpfiff im Gästeblock. Geht doch!

Die Treppen des Blocks waren übersät mit Menschen. Alle wollten sie hier her, zum Auswärtsspiel nach Braunschweig. Und mein erster Gedanke war, dass tatsächlich alle hier sind, so voll wie es war. Schnell einen Platz gesucht und los geht’s. Werder war vom Anstoß an die bessere Mannschaft, da brauchen wir gar nicht drüber reden. Aber manchmal ist eben besser schlechter als gut. Und so war es auch in Braunschweig. Werder war zwar besser als der BTSV, erspielte sich aber kaum nennenswerte Torchancen in Halbzeit eins.

Anders sah es im zweiten Durchgang aus. Werder hatte bis zur 60. Minute die klar besseren Gelegenheiten und hätte längst führen müssen. Einen Torwartfehler nicht genutzt, dann das leere Tor aus spitzem Winkel nicht getroffen. Bitter! Auch bitter: Plötzlich wurde Braunschweig wach. Vom Lattenschuss bis zum Fallrückzieher im Werder-Strafraum war alles dabei. Kein Wunder, dass da im Gästeblock einige Köpfe zu qualmen und rauchen begannen.

Und als man gerade dachte, Werder fängt sich gleich das 1:0, da taut unsere Österreich-Connection auf. Prödl mit dem Befreiungsschlag in den Lauf von Junuzovic und der eiskalt mit links in den Winkel. Vollkommene Ekstase im Gästeblock. Vollkommene Ekstase auf dem Feld. Was für ein geiles Bild war das bitteschön, als Zlatko im Moment der großen Erleichterung auf den Block zustürmt, seine Mitspieler direkt hinter ihm her!? Ich wollte überhaupt nicht mehr aufhören, mit meinem Halsschmerz verursachenden „JAAAAAAAAA!!!“. Schnell von links nach rechts, den Andree Wiedener und die letzten Minuten des Spiels herunter zittern.

Als dann endlich die quälend langen drei Minuten der Nachspielzeit überstanden waren, keimte in mir ein beinahe in Vergessenheit geratenes Gefühl auf. Wir haben gewonnen! Endlich wieder ein Sieg, dann auch noch auswärts. Besser konnte die Saison nicht starten. Ob Werder dabei ein gutes Spiel machte oder nicht, das ist mir so was von egal. Hauptsache gewonnen!



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